Regelorgan für Fluide

Schutzrechtsanmeldung EP2101240B1:

Die Erfindung handelt von einem unter Federkraft öffnenden Regelorgan, das von einem Prozessregler angesteuert wird, um Fluid in ein System niedrigeren Drucks abzusteuern, wobei das Regelorgan mit einem einfach wirkenden pneumatischen Stellantrieb und einem Stellungsregler ausgestattet ist, welcher entsprechend einem von einem Prozessregler vorgegebenen Stellsignal Y das Regelorgan verstellt, bis eine Regelabweichung XD = 0 wird.

Derartige Regelorgane werden beispielsweise als Druckentlastungsventile für Fluide in der Prozesstechnik verwendet. Die Fluide können komprimierte Gase sein, welche in ein System mit niedrigerem Druck abgesteuert werden. Ganz typisch sind Pumpverhütungsventile, die im Zusammenwirken mit Turbokompressoren verhindern sollen, dass der Kompressor in einen zerstörerisch wirkenden Pumpzustand gerät. Es kann sich aber auch um Flüssigkeiten handeln, die in ein System mit niedrigerem Druck abgesteuert werden. Bei all diesen Anwendungen wirkt sich nachteilig aus, wenn die ZU-Position bei Ansteuerung erst mit einer erheblichen Reaktionszeit (Totzeit) verlassen wird. In der Vergangenheit wurden daher verschiedene Möglichkeiten aufgezeigt um diese Totzeit kürzer zu gestalten.

So wird in der Patentschrift US 5,951,240 (METHOD AND APPARATUS FOR IMPROVING ANTISURGE CONTROL OF TURBOCOMPRESSORS BY REDUCING CONTROL VALVE RESPONSE TIME) für einen speziellen Fall einer Pumpverhütungsregelung vorgeschlagen, die von der Regelung vorgegebene Ventilstellung mit reduzierter Verzögerung anzufahren, indem der vorhandene Druck im Stellglied durch temporäres Ansteuern eines zusätzlichen, magnetgesteuerten Entlastungsventils zwischen Stellungsregler und Antrieb beschleunigt abgebaut wird. Eine temporäre Ansteuerung des Magnetventils reduziert zwar die konzeptionsbedingte Totzeit, birgt aber die Gefahr, dass das Ventil zunächst stark übersteuert wird, was sich nachteilig für den nachgeschalteten Prozess auswirken kann. Grundsätzlich setzt diese Erfindung voraus, dass ein Schnellentlastungsventil zwischen Stellungsregler und Membrane bzw. Kolben bereits vorhanden ist und das Ventil von einem entsprechend programmierten Pumpverhütungsregler angesteuert wird. Die notwendigen Steuerzeiten können erst bei der Inbetriebnahme durch Fahrversuche ermittelt werden, was aufgrund der Besonderheiten des nachgeschalteten Prozesses oftmals nicht durchführbar ist.

Die Patentschrift DE 10 2005 049 061 B3 (VORRICHTUNG UND VERFAHREN ZUR STELLUNGSREGELUNG EINES PNEUMATISCHEN STELLGERÄTS) beschreibt ein Verfahren zur Reduzierung der Stellzeiten unter Zuhilfenahme von Boostern und/oder Ablassverstärkern, wodurch eine Reduzierung der bisherigen Totzeit erreicht werden kann. Beide Komponenten arbeiten konzeptionsbedingt mit einer Hysterese, welche sich negativ auf das Regelverhalten auswirkt. Für den Anwender vor Ort sind sie mit bis zu drei sich gegenseitig beeinflussenden Komponenten sehr komplex und nicht einfach einzustellen. Eine optimale Einstellung lässt sich meist nur in Verbindung mit praktischen Versuchen in der Anlage realisieren. Oftmals lässt es der Prozess überhaupt nicht zu, dass Versuche zur Optimierung des Ventils gefahren werden. Außerdem bedeutet die vorgeschlagene Ausführung einen beträchtlichen zusätzlichen Investitionsaufwand und einen hohen Zeitaufwand für eine gute Einstellung.

Es ist Aufgabe der Erfindung, die vorab erwähnten Nachteile zu beseitigen und ein kostengünstiges Verfahren bzw. eine Vorrichtung mit hoher Regeldynamik zur Verfügung zu stellen, um den Entlastungsprozess möglichst schnell, d.h. nahezu ohne Totzeit, zu gewährleisten.
Dies geschieht dadurch, dass wenn sich das Regelorgan in einer dicht schließenden Position befindet und die Regelabweichung XD negativ wird, eine zusätzliche in einer Steuerung mit einer Logik programmierte Funktion das Regelorgan unter Ausnutzung der vollen Kapazität des Stellungsreglers in den Bereich bringt, bei dem Absteuern von Fluid einsetzt.

In der Fachliteratur (z.B. MAN GHH, Service Bulletin Nr. 02/95; Schrauben-, Turbomaschinen; Oktober ’95) werden mitunter extrem kurze Programmdurchlaufzeiten (z.B. Reaktionszeiten bei Pumpverhütungsreglern) unter 1 Millisekunde empfohlen. Unberücksichtigt bleibt dabei, dass bei einem pneumatisch betätigten Regelorgan selten der Regler das schwächste Glied im Regelkreis ist, sondern der pneumatische Antrieb. Beispielsweise macht es wenig Sinn, einen Regler mit einer Reaktionszeit im Bereich 1 Millisekunde zu favorisieren, wenn gleichzeitig ein herkömmlicher pneumatischer Antrieb eingesetzt wird, bei dem eine Ansprechzeit von 3 Sekunden schon als gut gilt. Ein Vorteil der Erfindung besteht darin, dass diese Schwäche des pneumatischen Antriebs weitgehend beseitigt wird.

Die Erfindung bietet den Vorteil, dass ohne zusätzliche Hardware mit relativ einfachen Steuerungseingriffen eine beträchtliche Reduzierung der Totzeit erreicht wird, was sich bei zahlreichen praktischen Anwendungen als wirtschaftlicher Nutzen erweist. Durch die Reduzierung der Totzeit wird das konzeptionsbedingte Überschwingen beim Erreichen des Sollwertes minimiert und somit ein wesentlich kleinerer Sicherheitsabstand zu kritischen Betriebswerten ermöglicht. Ein typisches Beispiel ist die Pumpverhütungsregelung bei einem Turbokompressor. Ein Überschwingen muss durch entsprechend großen Sicherheitsabstand der Ansprechlinie zur Pumpgrenze berücksichtigt werden. Der Sicherheitsabstand verringert die Größe des Verdichter-Kennfeldes. Bei einem Prozess, bei dem der Verdichter vielfach im Aus- bzw. Umblasebetrieb gefahren wird, ist der Sicherheitsabstand gleichbedeutend mit unwirtschaftlichem Betrieb. Die Erfindung hat hier den Vorteil, dass der Sicherheitsabstand gegenüber herkömmlichen Ventilkonzepten um den Faktor 2 bis 3 ohne Einbuße an Betriebssicherheit verkleinert werden kann.

Schutzansprüche:

  1. Regelorgan (1) unter Federkraft öffnend, angesteuert von einem Prozessregler (3), um Fluid (4) in ein System niedrigeren Drucks (5) abzusteuern, wobei das Regelorgan (1) mit einem einfach wirkenden pneumatischen Stellantrieb (6) und einem Stellungsregler (7) ausgestattet ist, welcher entsprechend einem vom Prozessregler (3) vorgegebenen Stellsignal Y das Regelorgan (1) verstellt, bis eine Regelabweichung XD = 0 ist, dadurch gekennzeichnet, dass, wenn sich das Regelorgan (1) in einer dicht schließenden Position befindet und die Regelabweichung XD negativ wird, eine zusätzliche in einer Steuerung mit einer Logik (14, 15, 17, 20, 21, 22) programmierte Funktion (19) das Regelorgan (1) unter Ausnutzung der vollen Kapazität des Stellungsreglers (7) in den Bereich bringt, bei dem Absteuern von Fluid (4) einsetzt.

Weitere vorteilhafte Weiterbildungen der Erfindung sind durch die abhängigen Ansprüche 2 bis 13 gegeben.

PDF-Download:
https://patentimages.storage.googleapis.com/02/36/08/5bff786c301dfb/EP2101240B1.pdf

Produktumsetzung:
Pumpverhütungsventil: https://www.kmo-turbo.de/downloads/B-de-Pumpverhuetungsventil.pdf